Intelligentes System in der Campus-Kapsel

In der Hochschule Magdeburg-Stendal hat die Zukunft einen Namen. An KITT wird bald niemand mehr vorbeikommen: Mit der Einführung einer hochschuleigenen flexiblen KI-Infrastruktur leistet ein interdisziplinäres Team Pionierarbeit, hebt Forschung und Lehre auf ein neues Level.

Die Ankunft ist eher unspektakulär. Ein unscheinbarer Kasten wird Anfang 2024 ins Rechenzentrum der Hochschule geschoben. Doch der äußere Eindruck täuscht. Auf diesen Server haben IT-Fachleute, Forschende und Lehrende lange gewartet. Er trägt modernste Technologie in Form von NVIDIA-H100-Prozessoren in sich, die Industriestandard für das Trainieren und Ausführen von KI-Modellen sind.

Nach unzähligen Vorbereitungen, einer europaweiten Ausschreibung und nervenaufreibenden Lieferschwierigkeiten hat die Hochschule Magdeburg-Stendal nun eine Hochleistungsmaschine, die den Weg in die Welt der Künstlichen Intelligenz ebnet. „Damit bauen wir eine Infrastruktur nach unserem Bedarf auf“, erklärt KI-Experte Prof. Dr.-Ing. Sebastian von Enzberg. Künftig soll es in der Hochschule möglich sein, problemlos auf Künstliche Intelligenz zugreifen zu können – egal, ob es um kleine Anfragen, große Datenmengen oder komplexe Algorithmen geht. Die Hochschule wird zu einer KI-Bubble, die nicht auf externe Anbieter angewiesen ist und als eingekapseltes System sicherstellt, dass Daten geschützt sind.

Realisierung einer technischen Revolution

Was sich logisch und einfach anhört, ist ein komplexes Vorhaben. Gesteuert wird es durch das Projekt „KI-Infrastruktur für Forschung, Technologie und Transformation in Sachsen-Anhalt“, kurz KITT. Unter Leitung des Dienstleistungszentrums „IT und Medientechnik“ (ITM) bündeln sich fachbereichsübergreifende Kompetenzen.

Seit Monaten beschäftigen sich Expert:innen in einer Forschungs-AG damit, wie in der bestehenden Hochschulorganisation eine technische Revolution, wie die KI-Infrastruktur sie mit sich bringt, geschehen kann. Dass das Projekt damals überhaupt ins Rollen kam, hat viel mit dem Mut zur Pionierarbeit zu tun und es liegt auch daran, dass an der Hochschule zukunftsorientierte Projekte wie ZAKKI laufen. Denn das dortige Projektteam gab den Anstoß für die KI-Infrastruktur. Die „Zentrale Anlaufstelle für innovatives Lehren und Lernen interdisziplinärer Kompetenzen der KI“ wurde einst ins Leben gerufen, um Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten Kompetenzen im Umgang mit KI zu vermitteln. Es geht darum, was KI mit Lehre und Forschung macht und wie man mit Chatbots umgeht, wo und wie die Tools effizient eingesetzt werden können, welche Gefahren sie bergen und was sich bei der Bewertung von Bachelorarbeiten verändert. „Wir müssen vieles auf den Prüfstand stellen und flexibel agieren“, sagt ZAKKI-Projektleiter Sebastian von Enzberg. Erhebungen im Rahmen von ZAKKI ergeben, dass eine Mehrzahl der Studierenden, Lehrenden und Forschenden oft KI-Tools nutzt – und das auch in IT-fernen Fachbereichen. Allerdings: Jeder macht das für sich, zumeist ohne System und mit kommerzieller Software. „Das muss sich ändern“, so der Experte für KI und Technische Informatik.

KI beeindruckt mit Datenanalyse

Im ITM ist zu dieser Zeit auch längst der Wunsch aus vielen Fachbereichen angekommen, KI einfacher nutzen zu können. „Außerdem wollten wir als Hochschule auch weiter unsere Vorreiter-Rolle in moderner angewandter Forschung ausbauen“, so KITT-Projektleiter und ITM-Chef Andreas Hösel. „KI gehört jetzt nun einmal dazu.“ Um zu verdeutlichen, was KI alles kann, setzte das Team damals auf die automatisierte Auswertung von Luftbildern aus Sachsen-Anhalt. Ein Künstliches Neuronales Netz analysiert eine gigantische Menge an Bilddaten und liefert präzise Ableitungen zur Nutzung von Flächen wie Gebäuden, Wäldern oder Parks. „Die Ergebnisse waren beeindruckend“, weiß Hösel. Dieser Praxisbezug und das nachgewiesen stark gestiegene Anwendungsinteresse beschleunigen die Umsetzung des KITT-Projektes, das „als bedeutende Verbesserung gelten darf“, wie Ansgar Bredenfeld sagt, der mit technischer Expertise unterstützt. Die roten Fäden laufen bei einer Forschungs-Arbeitsgemeinschaft zusammen, die plant, analysiert und abklopft, wie praktisch umgesetzt werden kann, was für viele eine Vision ist. Finanzielle Unterstützung erhält KITT vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Forschung an Fachhochschulen“ in der Maßnahme „KI-Nachwuchs@FH“. Die Fördermittel sichern zwei Projektstellen und die Anschubfinanzierung der modernen KI-Hardware. „Die Inbetriebnahme war technisch sehr anspruchsvoll“, sagt Andreas Hösel. „Aber, was die Maschine kann, ist spektakulär. Jetzt müssen wir sie nur noch richtig nutzen.“

„Work in progress“ in der Pionierarbeit

Für die Einführung der KI-Infrastruktur eigneten sich alle im Team Spezial-Knowhow an. Viele Prozesse laufen gleichzeitig ab. So wachsen Schritt für Schritt die Software-Architektur und Tools, KI-Modelle sowie Programmierumgebungen werden eingebaut. Mitarbeitende müssen sensibilisiert und geschult werden. Erfahrungswerte gibt es nicht. Dafür viele offene Fragen: Wie ausgelastet wird das System sein? Wie viel Kapazität muss in Einzelfällen freigegeben werden? Wie stellt man sicher, dass man mit einem Zugang zum Hochschulnetzwerk auch die KI-Dienste nutzen kann? Welche Nutzeroberflächen sind geeignet? Und auch der künftige Einsatz spielt eine Rolle. Wie KI künftig fachübergreifend effizient genutzt werden kann, ist eins von vielen Themen, mit denen sich Prof. Dr.-Ing. Sebastian von Enzberg beschäftigt. Er ist sich sicher: „Wir sind stark in der anwendungsorientierten Forschung - und diese Stärke werden wir durch den Einsatz von KI-Anwendungen weiter ausbauen.“

Text: Manuela Bock

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