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Auf E-Motion programmiert
Beim emotionalen Thema Auto ist Elektromobilität für viele die „kühle Fremde“, der sie mit Scheu begegnen. Professor Dr.-Ing. Przemyslaw Komarnicki und sein Team am Institut für Elektrotechnik der Hochschule Magdeburg-Stendal wollen mit Mobility4U Berührungsängste abbauen: Eine neue App könnte der Beginn einer elektrisierenden Freundschaft werden.
Text: Bettina Koch
„Wir möchten die Leute dort abholen, wo sie stehen“, sagt Prof. Przemyslaw Komarnicki. Er leitet das vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Sachsen-Anhalt geförderte Projekt Mobility4U. Auf der Langen Nacht der Wissenschaft 2018 hat Komarnicki die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten Besucherinnen und Besucher jemals mit einem Elektroauto gefahren sind. Zu teuer, zu geringe Reichweite und wenige Ladesäulen sind die häufigsten Argumente, sich gar nicht erst tiefer in Elektromobilität hineinzudenken. „Mit unserer App geben wir potenziell Interessierten die Möglichkeit, sich markenunabhängig zu informieren und sich mit dem Thema anzufreunden.“
App gibt Starthilfe
Längst musste das politische Ziel, dass im Jahr 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren, wegen des schleppenden Markthochlaufs korrigiert werden. Frühestens 2022 wird das erreicht sein, lautet die neue Prognose. Neben Steuererleichterung und Umweltbonus sind offenbar weitere Starthilfen nötig, um den Umstieg vom Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auf eine elektrische Alternative voranzutreiben.
„Unsere Mobilitäts-App soll solch eine Starthilfe sein“, sagt Komarnicki, „sie nimmt den Nutzern viel Recherchearbeit ab und errechnet für sie die sinnvollsten Lösungen.“ Das Projektteam hat dafür in großem Umfang technische Daten und Informationen zu aktuell auf dem Markt verfügbaren Fahrzeugmodellen erfasst und verarbeitet. Informationen über Reichweiten und Ladesäulen, CO2-Bilanzen und Mietwagenkonditionen sowie über Vorteile und Risiken der Technologie werden zusammengetragen und Algorithmen entwickelt, um von den Prioritäten und Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer zu individuellen Mobilitätsempfehlungen zu gelangen. Mithilfe der neuen App, die Anfang 2020 zur Verfügung stehen soll, werden sie dazu befähigt, nach minimaler Vorarbeit dem Fahrzeughändler ihrer Wahl die richtigen Fragen zu stellen.
Neues Denken, neue Gewohnheiten
Was ist technisch, wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll und welche Prioritäten bestehen beim potenziellen Autokauf? Welchen Stellenwert haben die Kosten und welchen hat der Komfort? Wie wird das Fahrzeug genutzt? „Wer täglich nur 20 Kilometer zur Arbeit fährt, dem kann ein E-Kleinwagen in der Basisvariante genügen. Die gibt es für knapp 30.000 Euro minus Umweltbonus. Einmal pro Woche eine Schnellladestation anzusteuern, würde in diesem Fall ausreichen. Das Laden dauert eine Tasse Kaffee“, erklärt Dr.-Ing. Christoph Wenge, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team.
Anstatt täglich mit einem großen Auto allein unterwegs zu sein, sei es vielleicht sinnvoll, das große Auto nur dann zu mieten, wenn es für Familienausflüge benötigt wird. Das erfordert die Bereitschaft umzudenken und Gewohnheiten zu ändern. Nicht jede Person müsse ein Einfamilienhaus mit eigener Ladestation haben. Ein Ladepunkt in einer Wohnsiedlung könne genügen. Auch einige Unternehmen haben bereits Ladesäulen installiert. Die Zahl der öffentlichen Ladepunkte liegt in Deutschland inzwischen bei mehr als 22.000, Tendenz steigend. Weitere Investitionen in die Infrastruktur seien nötig, so der Projektleiter. Sinnvoll seien Ladesäulen zum Beispiel an Einkaufszentren, Fitnesscentern, Tankstellen oder „Park and Ride“-Plätzen.
Wenn die CO2-Bilanz oberste Priorität hat, ist es sinnvoll, sich für einen Hersteller zu entscheiden, der seine Fahrzeuge komplett mit grünem Strom produziert und auch seine Zulieferer dazu verpflichtet. Für 100 Prozent ökologisches Tanken empfiehlt sich ein Wechsel in einen Ökostromvertrag. Vielleicht wohnen die Nutzerinnen und Nutzer in einem Einfamilienhaus mit eigener Photovoltaikanlage, müssten aber ihr E-Auto nachts an seiner Wallbox aufladen, dann käme für sie der Einbau eines Batteriespeichers in Betracht.
E-Mobilität mit ökologischer Stromerzeugung und -speicherung zu verbinden, E-Fahrzeuge dazu zu befähigen, Netzhilfe zu leisten und bei Bedarf auch Strom abzugeben, sind Themen, die Komarnicki und sein Team elektrisieren – ganz im Sinne des Umweltministeriums als Mobility4U-Projektpartner.
Mehr Forschungsgeschichten im Forschungsmagazin „treffpunkt forschung“ und im Hochschulmagazin „treffpunkt campus“
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