Ausstellung „wi(e)der-sprechen! Stendal 89/90“ eröffnet

Plakate in der Stendaler Altstadt. Foto: Anna-Luise Bausch

Bis zum 9. November präsentiert sich das Ausstellungsprojekt „wi(e)der-sprechen! Stendal 89/90“ in der Hansestadt Stendal, das im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2024 – Freiheit ausgerichtet und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Eröffnet wurde sie am 3. Oktober mit Reden des Stendaler Oberbürgermeisters Bastian Sieler, des Prorektors Prof. Dr. Volker Wiedemer und durch Projektleiter und Kurator Prof. Dr. Günter Mey.

Zwischen den beiden geschichtsträchtigen Daten – dem Tag der deutschen Einheit und dem Fall der Mauer – sind vier Stationen mit skulpturalen und multimedialen Installationen aufgebaut, die an die „Wende“-Zeit erinnern und viele Ereignisse im wahrsten Sinne des Wortes anschaulich machen: ob nun die Friedensgebete in der Kirche St. Petri und später im Dom, die Demonstrationen und Schweigemärsche, die Gründung des Neuen Forums, das Engagement gegen das in Bau befindliche KKW, die Besetzung des Stasi-Gebäudes in der Moltkestraße oder die Aktion „Menschenkette“ zur Rettung der Stendaler Altstadt.

All diese vom Projektteam – dazu gehören die Studierenden Anna-Luise Bausch, Alina Langer und Fatou Rogalski – aufbereiteten Ergebnisse des gleichnamigen von Professor Mey geleiteten Projektes sind auf der Route vom Stadthaus 1 über den Marktplatz durch das Altstadtareal zwischen Marktplatz und Petrikirche und die Petrikirche selbst zu sehen. „Mit dieser öffentlichen Präsentation, mit der wir im Sinne der performativen Sozialwissenschaft Forschungsergebnisse sichtbar machen, ist uns wichtig, viele Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und sie auch weiterhin zu beteiligen. Insofern geht es uns mit der Ausstellung über die pure Erinnerungskultur, um historische Aktionen und Initiativen lebendig werden zu lassen, hinaus auch darum, zu fragen, wie heute Freiheit und Demokratie sowie Mitsprache und Solidarität gelebt werden können“ formuliert Professor Mey sein Anliegen.

Vier Ausstellungsstationen

Im Stadthaus 1 gibt es einen Überblick über die Ausstellung. Auf zehn Text-Bild-Tafeln, die auf Staffeleien gestellt eine Fluchtlinie in der Wandelhalle bilden, und eine im Raum gespannte Leine mit 144 Zitaten auf Postkarten, finden sich Kernaussagen zum „Wendeherbst“. Zudem zeigen großflächige Banner die Chronik der Wendezeit und in einer Erzählbox können Audio-/Videostatements zum Thema „Freiheit“ hinterlassen werden.

Mitten auf dem Marktplatz steht die Installation „Wende.ABC“, die all jene Begriffe enthält, die die Stendalerinnen und Stendaler dem Projektteam aufgrund der Postkartenaktion seit Juni mitgeteilt hat. Dazu sagt der Ausstellungsmacher Professor Mey: „Mit der Installation erhalten die Bürgerinnen und Bürger ihre Wendebegriffe zurück. Das dürfte für alle spannend sein, auf einmal die Assoziationen zu lesen. Positive und negative, wie Aufbruch oder Zusammenbruch. Ebenso werden mit den Wendebegriffen ganz unterschiedliche Emotionen transportiert, etwa Angst oder Zuversicht. Auch wenn die Sammlung umfassend ist, können bis zum Ausstellungsende fortlaufend weitere Begriffe hinterlassen und in der Wandelhalle im Stadthaus 1 aufgehängt werden.“

Als dritte Station geht es dann vom Marktplatz in das Altstadtareal zwischen Breite Straße und Wüste Worth. Zu sehen sind 15 Fotos von Rüdiger Laleike, die er am 3. Februar 1990 von der Menschenketten-Aktion „Rettet die Altstadt“ gemacht hat. Damals umsäumten die Menschen die zerfallenen Häuser, um sie vor dem Abriss zu schützen. Professor Mey verbindet mit dieser Installation ein Statement: „Durch die Konfrontation der s/w-Fotos, die großformatig an den Originalschauplätzen einer geretteten Altstadt zu sehen sind, wird sehr deutlich, dass zivilgesellschaftliches Engagement zum Gemeinwohl im Rahmen demokratischer Mittel viel bewirken kann.“

Die letzte Station ist die Kirche St. Petri. „Historisch gesehen ist die Wendezeit ohne die Kirche St. Petri nicht zu erzählen, hier fand am 20. Juli 1989 das erste Friedensgebet stattfand und die Menschen traten an das offenen Mikrofon: zum ‚wi(e)der-sprechen!‘, das Fanal zur friedlichen Revolution. Insofern freuen wir uns, die Kirche mit all den Geschichten um die Wende für die Besuchenden als den zentralen Ort für Ausstellung nutzen zu können“ resümiert Günter Mey. In der Kirche St. Petri zu sehen sind Videocollagen aus den vom Projektteam geführten Interviews, eine Lichtinstallation und Projektionen an den Wänden und der Decke mit Bildern, Zitaten, einer Chronik der Wendezeit und sowie eine skulpturale Collage aus Demonstrationsschildern. Durch dieses Arrangement soll der Protest der damaligen Zeit anschaulich werden und soll wie die gesamte Ausstellung auch zum „wi(e)der-sprechen!“ einladen.

Einladung zum Dialog

Damit in den fünf Wochen nicht nur an das ereignisreiche ´89 erinnert wird, sondern auch gefragt wird, was wir heute unter Freiheit und Demokratie verstehen, hat Professor Mey ein Begleitprogramm zusammengestellt, an dem sich viele als Partner beteiligen. Dazu gehören die Evangelische Stadtgemeinde, die Freiwilligen-Agentur Altmark e.V., das Institut für demokratische Kultur, das Theater der Altmark, die Winckelmann-Gesellschaft sowie weitere Kulturschaffende. Geboten werden Erzählcafés, Filme, Lesungen, Vorträge und Workshops. Ausstellungskurator Günter Mey sagt dazu: „An verschiedenen Orten und mit verschiedenen Formaten wollen wir möglichst viele ansprechen und zum Dialog einladen und zum ‚wi(e)der-sprechen!`“ Dies ist nötig angesichts der aktuellen Situation, an der wir auf Kipppunkte zulaufen, ökologische wie gesellschaftliche.“

Weitere Informationen

https://ausstellung-stendal89.h2.de/ 


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