Die Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen – Rückblick auf eine Diskussion

Auf dem Podium: die freie Journalistin Annette Schneider-Solis, CDU-Landtags-Abgeordneter Chris Schulenburg und der Direktor des MDR-Landesfunkhauses Sachsen-Anhalt Tim Herden. Foto (Ausschnitt): Julia Katrin Röhr

Am 7. November 2023 veranstaltete der Masterstudiengang Journalismus der Hochschule Magdeburg-Stendal eine Podiumsdiskussion zum Thema der Zukunft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Zu Gast waren der Direktor des MDR-Landesfunkhauses Sachsen-Anhalt Tim Herden, CDU-Landtags-Abgeordneter Chris Schulenburg und die freie Journalistin Annette Schneider-Solis. 




Vor rund 60 Interessierten diskutierten die beiden Moderatoren und Masterstudierenden Rebecca Göring und Pierre Sens mit ihren Gästen zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die zentralen Themen der Diskussion waren das fehlende Vertrauen der Bevölkerung in die Öffentlich-Rechtlichen, der Rundfunkbeitrag und die Bedingungen für neue Generationen. Aufmacher der Diskussion war der Skandal um die ehemalige rbb-Intendantin Patricia Schlesinger. Diese wurden 2022 nach Vorwürfen der Veruntreuung und Vetternwirtschaft als Intendantin entlassen. Zuletzt erhielt sie ein Gehalt von 303.000 € jährlich. Als die Summe bekannt wurde, führte das zu Unmut unter vielen freien Mitarbeitenden, bei denen aufgrund von Kürzungen gespart werden musste.



Annette Schneider-Solis ist seit 1994 freie Journalistin beim MDR, schreibt aber auch für die dpa und unterschiedliche Zeitungen. Sie ist Mitglied und Sprecherin des Freienrates Magdeburg und setzt sich für die Rechte von freien Journalist:innen ein. Sogenannte Freie werden für konkret erbrachte Leistungen bezahlt, es gibt kein geregeltes Einkommen. Schneider-Solis sieht in der Arbeit vor allem die Freiheit Themen zu recherchieren, die sie interessieren und die Kontrolle darüber zu haben. Auf die Frage hin, wie sie  sich mit dem Gedanken fühle, dass Intendant:innen solch ein hohes Gehalt bekommen sagt sie: „Ich halte nicht viel von Neiddiskussionen. Als Intendantin oder Intendant hat man viel Verantwortung, die auf dem ersten Blick gar nicht sichtbar ist. Aber es sollte eine Grenze geben.“ 



Trotz der Skandale ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiterhin das vertrauenswürdigste Medium in Deutschland, wie eine Langzeitstudie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz im September belegte. Mit rund 62 % ist das jedoch der niedrigste bisher gemessene Stand dieser Studie. „Akzeptanz und Vertrauen in die Öffentlich-Rechtlichen ist zwar da, aber es ist verbesserungswürdig“, schlussfolgert Chris Schulenburg. Er ist Vorsitzender der Enquete-Kommission im Landtag von Sachsen-Anhalt. Die Kommission hat im März diesen Jahres erstmals getagt und soll Reformvorschläge für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen erarbeiten. Mithilfe der Kommission soll es zu mehr Akzeptanz, Vertrauen und Transparenz kommen. Zudem sollen Kontrollgremien gestärkt, Strukturen der Rundfunkanstalten überarbeitet und die Rundfunkbeiträge effizienter eingesetzt werden, so Schulenburg. 



Die zentralen Regelungen, wie Auftrag oder Finanzierung, der öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten sind im Medienstaatsvertrag (MStV) gesetzlich verankert. Die Öffentlich-Rechtlichen habe unter anderem die Aufgabe, als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen, so der MStV. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben demnach die Aufgabe, ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten. „Wenn wir über Kürzungen sprechen, dann sprechen wir von Sendungen, die dicht gemacht werden. Wenn wir regionale und kulturelle Themen nicht mehr senden, wer tut es dann?“, macht Tim Herden in Bezug auf die Kürzungen deutlich. 



Zentral für die Zukunft ist auch der Nachwuchs an jungen Journalist:innen. Die Digital Natives bringen Fähigkeiten mit sich, die für die zukünftige Gestaltung der Rundfunkanstalten maßgeblich sind. Der Einfluss der sozialen Medien auf den Erfolg von Inhalten ist ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Weiterentwicklung. Auch wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten finanziert werden, müssen sie technisch mit der Konkurrenz mithalten. „Die MDR-Mediathek wird Amazon Prime Video nicht ablösen können, das wissen wir, und das ist auch nicht unser Ziel. Aber was die Verfügbarkeit und Schnelligkeit unserer Sendungen angeht, müssen wir definitiv noch nachziehen“, erklärt Herden. Die Inhalte müssen zudem alle Generationen abholen und ihnen eine Auswahl an Programmen zur Verfügung stellen. Mit Gesetzesänderungen und Reformen wollen sie Existenzbedingungen, vielfältiges Programm und Sicherheit in die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten integrieren und sicherstellen. Dass sie damit noch einen weiten Weg vor sich haben, ist trotz dem Optimismus in die Zukunft allen Teilnehmenden bewusst. 

Text: Leonie Deubig




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