Ingenieurökologie-Student Jan Göldner bei der Weltklimakonferenz in Ägypten

Jan Göldner vor einem Jahr auf internationaler Bühne. Foto (Ausschnitt): Vera Kunath

Jan Göldner (24) studiert an der Hochschule Magdeburg-Stendal Ingenieurökologie im Master und engagiert sich bereits seit seiner Kindheit im Umweltschutz. Aus einer Freizeitbeschäftigung wuchs ein politisches Interesse, weshalb der Student mittlerweile auf Bundesebene des NAJU (Naturschutzjugend im NABU) mitarbeitet und seit einigen Jahren die UN-Klimakonferenzen besucht. Die 27. Weltklimakonferenz 2022 findet vom 6. bis 18.11. in Scharm El-Scheich (Ägypten) statt. Jan Göldner ist dabei.


Woher kam dein Interesse für den Klimaschutz?


Ich bin schon im Grundschulalter bei der NAJU aktiv geworden. Das war sozusagen nur eine Freizeitbeschäftigung. Ich habe es geliebt rauszugehen und hatte schon einen Faible dafür, der Natur zu helfen. Das hat angefangen mit Insektenhotels oder Nistkästen zu bauen. Andere gingen in die Musikschule oder zum Sport und ich ging eben zur NAJU. Als ich für mein Bachelorstudium von meiner Heimatstadt Hamburg nach Berlin gezogen bin, habe ich angefangen, mich mehr auf der Bundesebene zu engagieren. Für die NAJU tätig zu sein, ist nach wie vor mein größtes Hobby.

Wie hat sich dieses Interesse weiterentwickelt?


Es ist viel politischer geworden. Man hat angefangen mit kleineren Initiativen und Gesprächen auf lokaler Ebene. Nachdem ich dann nach Berlin gewechselt und auf Bundesebene aktiv geworden bin, stand das Politische und die Außenvertretung natürlich im Fokus. Mit Aufkommen der Fridays for Future-Bewegung, war  dann sowieso nochmal eine viel größere Aufmerksamkeit da. Ich fühlte mich in diesem politischen Bereich heimisch und irgendwann kam der Erwachsenenverband der NABU auf mich zu und hat gefragt: Jan, hast du nicht Lust, unsere Delegation auf die Klimaverhandlungen zu begleiten? Das war in Madrid vor drei Jahren zum ersten Mal. Die erste Klimakonferenz, die war überfordernd, weil das ja auch ein ziemlicher Druck ist, der da auf einem lastet. Nach und nach hat man gelernt, damit umzugehen.

Wie hängt dein Studium mit dem Klimaschutz zusammen?

Es gibt an vielen Stellen Überschneidungen. Damit bin ich sehr glücklich. Im Master Ingenieurökologie geht es darum, mit ökologischen technischen Lösungen die Auswirkungen unseres Handels zu minimieren. Beispielsweise lernen wir Verfahren kennen, die dazu führen dass die Emissionen von Industrieanlagen reduziert werden. Zugleich beschäftigen wir uns ganz praxisnah mit der Renaturierung von Ökosystemen wie Wälder und Moore, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Engagierst du dich hochschulintern auch für das Klima?

Ich arbeite tatsächlich im Klimaschutzmanagement und habe auch am Klimaschutzkonzept der Hochschule mitgeschrieben. Das rundet das Ganze auch so ein bisschen ab. Ich habe die ehrenamtliche Perspektive aus dem Naturschutz in einer Umweltorganisation. Ich habe hier die Hochschule, was sehr lokale Maßnahmen im Klimaschutz anbelangt. Und dann bin ich viel auf internationaler Ebene unterwegs, wo es nochmal um ganz andere, übergeordnete Ziele und Maßnahmen geht.

Was ist deine Aufgabe auf den UN-Klimakonferenzen?

Ich habe das große Privileg, als akkreditierter Beobachter dabei zu sein. Ich habe Zugang zu den Hauptverhandlungen, da wo wirklich die Entscheidungen getroffen werden. Und wenn man sich anschaut, wie viele tausend junge Menschen auf der Welt auf die Straße gehen, um genau diese Verhandlungen zu beeinflussen, dann merkt man, was für ein Privileg es ist, vor Ort an den Verhandlungen teilnehmen zu können. Insgesamt sind es drei bis vier Aufgaben, die ich wahrnehme. Zum einen viele politische Gespräche. Viele Entscheidungsträger:innen haben auf den Konferenzen erstaunlicherweise viel Zeit für einen. Das heißt, man kann mit hochrangigen Politikern wie Robert Habeck oder Ursula von der Leyen Gespräche vereinbaren, die man unter normalen Umständen nie bekommen würde. So kann man sehr informell Forderungen mit reingeben, die dann auf höchster Ebene miteinfließen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, auf dem Konferenzgelände selbst Demos und Aktionen zu veranstalten. Da hat es sich jetzt in den letzten Jahren etabliert, dass wir jungen Leute uns zusammentun. Und das zieht natürlich Aufmerksamkeit auf sich, die man sonst nie hat. So können wir die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen. Der letzte Schritt ist, dass wir versuchen, über Social Media, Blogeinträge und Vorträge im Vor- und Nachhinein das Konstrukt der Klimakonferenzen begreifbar zu machen.

Was sind deine Ziele für die kommende Klimakonferenz?


Die Menschenrechtslage in Ägypten ist katastrophal. Außerdem findet das Ganze an einem Ort mitten in der Wüste statt, wo es nur 4- und 5-Sterne-Resorts gibt. Ich glaube, es ist wichtig, diese Absurdität der Klimakonferenz zu berücksichtigen. Mir ist es wichtig, die Aufmerksamkeit zu nutzen um die Menschenrechtslage vor Ort langfristig zu verbessen und den betroffenen Menschen einen sicheren Raum für ihre Kritik zu geben. Zum anderen erleben wir aktuell die Renaissance der fossilen Energieträger. Die Länder des globalen Nordens gehen auf Shoppingtour, um Langzeitverträge für fossile Energien abzuschließen. Das ist alles andere als mit dem 1,5 Grad Ziel kompatibel. Unter dem Deckmantel der Versorgungssicherheit wird uns und den zukünftigen Generationen eine Bedrohung überlassen, die man jetzt ganz einfach verhindern könnte. Und da ist mir wichtig, dass von der Konferenz ein Signal kommt, dass der Ausweg aus dieser geopolitischen Lage der Ausbau der erneuerbaren Energien ist.

Bringt es was dabei zu sein?

Das bringt auf jeden Fall etwas. Wenn es diesen zivilgesellschaftlichen Druck und die ganze Arbeit im Hintergrund nicht gäbe, würden wir nicht da stehen, wo wir jetzt stehen. Wobei man sich natürlich immer noch mehr erhofft. Aber dass Zivilgesellschaft beteiligt wird, ist essenziell. Und ich selber habe auch das Gefühl, dass ich gemeinsam mit den anderen Jugendvertreter:innen auf den letzten Konferenzen dazu beitragen konnte, dass etwas ambitioniertere Beschlüsse gefasst wurden.


Die Fragen stellte die Journalismus-Studentin Johanna Pichler.







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