Sportwissenschaft unter der Sonne Floridas
Humanmedizinstudentin Marlene Riedl (links unten) bringt Sensoren für die Leichtathletik-Testate an Athleten der UNF an. Foto: Olaf Ueberschär
Prof. Dr. Olaf Ueberschär arbeitete seit September mit vier Projektmitarbeiterinnen in Florida. Die Ergebnisse sollen in Leichtathletik, Cheerleading, Basketball, Volleyball, Fußball und Tennis zur Optimierung von Trainingseinheiten der Leistungssportler beizutragen.
126 Medaillen haben amerikanische Athletinnen und Athleten bei den diesjährigen Olympischen Spielen in Paris gewonnen. Leistungssport wird insbesondere an amerikanischen Universitäten großgeschrieben und mit der akademischen Ausbildung verknüpft. Zur Optimierung der Trainingseinheiten sind Studierende der University of North Florida (UNF) mit Smartwatches ausgestattet, die dauerhaft ihre physiologische Verfassung messen. Prof. Dr. Olaf Ueberschär von der Hochschule Magdeburg-Stendal ist seit September mit vier Projektmitarbeiterinnen an der UNF, um diese Daten mit biomechanischen Messungen zu vervollständigen. Drei Monate begleiten und messen sie Männer und Frauen in den Sportarten Leichtathletik, Cheerleading, Basketball, Volleyball, Fußball und Tennis, um mit den Ergebnissen zur Optimierung von Trainingseinheiten der Leistungssportler beizutragen.
Bei einer Delegationsreise der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) kam der Kontakt zwischen der UNF und Ueberschär 2023 zustande. Ziel der Reise war die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit von Hochschulen für angewandte Wissenschaften. „In Gesprächen mit der UNF ist deutlich geworden, dass unsere Forschungsprojekte und Kompetenzen ein hohes Synergiepotenzial besitzen und sich zum Teil sehr gut komplementär ergänzen“ erklärt der Professor für Mensch-Technik-Interaktion und Biomechanik. Während die UNF ihren Schwerpunkt auf physiologische Parameter, wie Herzfrequenz, Aktivminuten oder Schlafqualität setzt, messen Ueberschär und sein Team die biomechanischen Daten. Dazu gehören Bewegungsausführung, Belastung und Beanspruchung des Körpers. Der Umstand, dass an der UNF zahlreiche Athleten verschiedener Sportarten auf Spitzenniveau täglich mit Trainern, Physiotherapeuten und Ernährungsberatern erfolgreich zusammenarbeiten, war ein entscheidender Faktor, das DFG-geförderte Projekt in den USA umzusetzen.
Die erhobenen Daten der Smartwatches, auch Wearables genannt, erweiterten Ueberschär und sein Team mit ihren Messungen. Zusätzlich zu der Uhr erhalten die Probanden zwei Sensoren, die sie während ihrer Trainingseinheiten tragen. Die Kombination soll Aufschlüsse über körperliche Belastungen und Beanspruchungen, Asymmetrien sowie die Qualität der Bewegungsausführung geben. Marlene Riedl studiert Humanmedizin an der Universität Halle und promoviert derzeit am Lehrstuhl von Professor Ueberschär. Sie war zu Beginn des Projektes sechs Wochen bei den Testaten von Leichtathletik dabei.
Zwischen Datenerhebung, Optimierung der diagnostischen Verfahren und wissenschaftlicher Netzwerkarbeit blieb bisher nur wenig Zeit für die detaillierte Datenauswertung. Erste Erkenntnisse belegen aber etwa in der leichtathletischen Disziplin Lauf, dass in den eigentlich leichten Einheiten, wie Aufwärmung oder lockeren Läufen, zu zum Teil erheblichen Asymmetrien zwischen linkem und rechtem Bein kommt, und nicht etwa bei intensiven Intervall- oder Tempolaufeinheiten. Bei weniger trainierten Menschen ist es laut der Resultate umgekehrt. Zu hohe Asymmetrien können zu Leistungseinbußen führen und das Verletzungsrisiko erhöhen, weswegen diese Erkenntnisse bedeutsam für die Trainingsplanung sind.
Zurück in Deutschland werden Ueberschär und sein Team die Daten weiter auswerten und an der Weiterentwicklung der Sensorik arbeiten. Zusätzlich zum Aufbau der Partnerschaft mit der UNF hat er klare Ziele: „Idealerweise werden die Trainingseinheiten zukünftig mithilfe von Wearables automatisch erfasst und in Echtzeit ausgewertet, sodass wir den Leistungssportlern und Trainern im gesamten Saisonverlauf wichtige Rückmeldung geben können. Mit dem Wissen über die individuelle Wirkung einer spezifischen Trainingseinheit auf Physis und Biomechanik einer Athletin oder eines Athleten wird es noch besser als bisher möglich sein, das Training individuell zu optimieren und Verletzungen effizient vorzubeugen“.
Text: Leonie Deubig