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Gemeinschaftsprojekt: Klimawandel
Das Klima ist ein komplexes und sensibles System. Ändert sich ein Parameter, beispielsweise die Temperatur, hat dies gravierende Auswirkungen. In Lateinamerika zeigen sich diese u. a. durch Dürreperioden auf der einen und sintflutartigen Regen auf der anderen Seite. Sieben Hochschulen haben sich zusammengetan, um die Bevölkerung für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen. Der Klimawandel als Gemeinschaftsaufgabe.
Text: Katharina Remiorz
Wüsten, Regenwälder, Vulkane und Gletscher: Lateinamerika hat erstaunliche Extreme zu bieten, aber vermehrt auch jene, die das Leben der Menschen auf die Probe stellen. 2018 überflutete der subtropische Sturm Alberto weite Teile Kubas: Mehr als 60.000 Menschen mussten aufgrund der sintflutartigen Niederschläge evakuiert werden. Über 100 Gemeinden wurden von der Außenwelt abgeschnitten. Zehntausende Hektar Landwirtschaft wurden zerstört. Auch Kubas Verkehrsader war betroffen. „Zwei Brücken brachen unter der Last des Wassers zusammen“, berichtet Prof. Raymundo Rodriguez Tejeda. Andere Regionen, wie die knapp 500 Kilometer entfernte Stadt Holguín, warteten dagegen in der Vergangenheit vergebens auf einen Tropfen Regen. Stattdessen versorgten Tanklaster und Züge die Menschen mit Wasser. „Die komplette Stadt war aufgrund der Dürre ausgetrocknet“, erzählt Tejeda.
Ruf nach sensiblem Umgang
Der 37-Jährige lehrt an der Universität Holguín als Hydraulikingenieur und weiß: „Alles, was wir tun, steht in Verbindung mit Wasser und dem Klimawandel.“ Studentin Amanda Power Rubio nickt zustimmend. Es seien vor allem die Extreme, die Intensität und das vermehrte Auftreten von Wetterphänomenen wie diesen, die die Bevölkerung vor besondere Herausforderungen stellen. „Aus diesem Grund ist es so wichtig, unser Wassermanagement zu überdenken und zu verbessern“, fasst die 24-Jährige Amanda, die an der Universität Camagüey Bauingenieurwesen studiert, zusammen.
An diese Forderung knüpft das Projekt WATERMAS an, das 2017 von Prof. Dr. rer. nat. habil. Frido Reinstorf und sechs Partnerhochschulen in Kuba, Ecuador, Belgien und Schweden ins Leben gerufen wurde. „Wir möchten für eine nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen und für die Anpassung wasserwirtschaftlicher Infrastrukturen sensibilisieren, um die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels in Lateinamerika zu verringern“, erklärt der Projektleiter und Professor für Hydrologie und geographische Informationssysteme an der Hochschule Magdeburg-Stendal.
Nachhaltigkeit beginnt im Kopf
Damit sie eine dauerhafte Veränderung erwirken und tatsächlich Entwicklungshilfe leisten können, packen die Kooperationspartner das Problem an der Wurzel: „Die Studierenden von heute sind die künftigen Entscheidungsträger. Um sie auf die Herausforderungen des Klimawandels vorzubereiten, vermitteln wir ihnen das Wissen um Methoden, Technologien und naturverträglichen Klimaschutzstrategien“, erläutert Frido Reinstorf. Das gelingt langfristig insbesondere durch die Überarbeitung der lateinamerikanischen Studienprogramme, aber auch durch einen temporären Blick in fremde Gefilde: „28 Master-Studierende reisten in den vergangenen zwei Jahren für jeweils bis zu drei Monate von Europa nach Südamerika und umgekehrt“, zieht Professor Reinstorf stolz Bilanz. Unter ihnen befinden sich auch Amanda Power Rubio und ihre Kommilitonin Tatiana Pérez Ojeda. Ihnen vermitteln das Magdeburger Team und die Partner in Gent und Stockholm vor allem Know-how in den Bereichen Hydrologie, Hydrogeologie und Management.
Unterstützt werden sie dabei von Prof. Raymundo Rodriguez Tejeda. „Die Studierenden tauchen in verschiedene Bereiche ein und erarbeiten gemeinsam Forschungsprojekte. Sie erwerben u. a. Kenntnisse im Datenmanagement, lernen, Projekte hydrologisch und naturnah zu planen und geographische Informationssysteme für Modellierungen anzuwenden“, zählt der Kubaner auf. Amanda ergänzt: „Der Austausch ist sehr wichtig für die Entwicklung unserer Forschung. Das Projekt stellt uns Werkzeuge, Methoden und Daten bereit, die uns helfen, bessere Ergebnisse für unser Land zu erzielen. Wir können viel von den Erfahrungen der europäischen Hochschulen mitnehmen.“
Große Wellen schlagen
Das Projekt erzeugt einen enormen, wissenschaftlichen Multiplikationseffekt. Allein an der Hochschule Magdeburg-Stendal gingen neun Masterarbeiten zum Klimawandel in Lateinamerika hervor: von einer naturbasierten Infrastruktur mit begrünten Fassaden und Versickerungsflächen in Holguín über Hochwassersimulationen für die Stadt Cuenca bis hin zum Einsatz künstlicher Intelligenz zur Vorhersage von Niederschlägen in Camagüey. Auch eine Studie zur Informationspolitik und zu bekannten Präventionsmaßnahmen wurde in den fünf Partnerländern erhoben. Die Expertisen aller Hochschulen fließen in einer wissenschaftlichen webbasierten Datenbank zusammen und stehen so auch über das Projekt hinaus anderen Einrichtungen zur Verfügung.
Aktuell meißelt das Projektteam schon an den nächsten Meilensteinen: Ein neues Projekt, verrät Prof. Dr. Frido Reinstorf, widmet sich den Wasserkraftwerken in Ecuador, die angesichts der schmelzenden Gletscher in den Anden um ihre Zukunft bangen müssen. Ein weiteres Vorhaben fasst die Favelas in Durán City ins Auge, die aufgrund der fehlenden Infrastruktur und des hohen Grundwasserpegels drohen, zu versinken. Raymundo Rodriguez Tejeda gibt sich zuversichtlich: „Jeder sieht die Auswirkungen des Klimawandels. Gemeinsam können wir unsere Umwelt schützen.“
Mehr Forschungsgeschichten im Forschungsmagazin „treffpunkt forschung“ und im Hochschulmagazin „treffpunkt campus“
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Telefon: 0391/ 88 64 480
E-Mail: frido.reinstorf@hs-magdeburg.de
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