- Home
- Hochschule
- Einrichtungen
- Alumni / Fundraising
- Archiv
- Bibliothek
- Büro für Regionalkontakte
- Career Center
- Controlling
- Facility Management
- Finanzen
- Hochschulkommunikation
- IT und Medientechnik (ITM)
- Personal
- Pressesprecher
- Qualitätsentwicklung, Hochschuldidaktik und Digitalisierung
- Recht
- Sport- und Gesundheitszentrum
- Studium und Internationales
- Technologie- und Wissenstransferzentrum
- Zentrum für Weiterbildung (ZfW)
- Hochschulkommunikation
- Forschungsmagazin treffpunkt forschung
- Verbindung - Wissenschaft und Praxis
- Biomechanik
Smarte Sensoren im Reitsport
Mit Bewegungsanalysen verbessert „WinningPegasus“ das Training im Reitsport enorm. Dabei übertragen Olaf Ueberschär und sein Team eine in der Filmindustrie und im Spitzensport etablierte Messtechnik auf Pferde. So können sie die Belastungen für die Tiere bestimmen und damit deren Leistungen verbessern.
von Roland Knauer
Bereits bei den typischen Gangarten Schritt, Trab und Galopp wirken auf die Beine eines Pferdes verschiedene Kräfte, die sich summieren: Das 15-fache der Gewichtskraft ist durchaus drin. Jedes Kilogramm des bewegten Beines ist dann mit 15 Kilogramm belastet. Eine solche Kraft erscheint riesig. Tatsächlich sind die Gliedmaßen auf solche Belastungen ausgelegt. Und die Tiere galoppieren auch nach vielen Jahren ohne sichtbare Probleme flott wie eh und je über die Steppe. Um das Training solcher vierbeinigen Athleten im Spitzensport zu verbessern, wollten es Prof. Olaf Ueberschär und sein Team im gerade abgeschlossenen Projekt WinningPegasus für den Reitsport allerdings genauer wissen.
Vom Film in den Sport
„Wir haben für dieses Projekt ein bereits vorhandenes System genutzt, das für die Filmindustrie menschliche Bewegungen aufzeichnet“, erklärt der Biomechaniker von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Dazu werden kleine Geräte am Körper von Menschen befestigt. Diese Sensoren zeichnen die Beschleunigung des jeweiligen Körperteils in allen drei Dimensionen nach oben und unten, nach vorne und hinten, sowie nach rechts und links auf. Zusätzlich registrieren die Mini-Geräte wie schnell ein Körperteil sich dreht und das ebenfalls in allen drei Raumrichtungen. Und schließlich bestimmen die Sensoren mit Hilfe des Magnetfeldes der Erde auch noch, wie das Körperteil, an dem sie befestigt sind, im Raum liegt. So ermitteln diese Geräte zum Beispiel, ob ein Arm nach unten hängt oder vielleicht waagerecht irgendwo hinzeigt.
Während die Filmschauspieler ihre Rolle proben, zeichnen die Sensoren ihre Bewegungen akribisch auf. Übertragen die Verantwortlichen aus der Filmbranche die gespeicherten Daten auf eine Fantasie-Figur in einem Science-Fiction- oder Fantasy-Film, gelingen täuschend echt wirkende Animationen. Schon seit einigen Jahren nutzen professionelle Sportler auf zwei Beinen diese Sensoren, um Bewegungsabläufe und Belastungen während ihres Trainings aufzuzeichnen. „Mit diesen objektiven Daten können sie ihre Übungen optimieren und so ihre sportlichen Leistungen noch weiter verbessern“, erklärt Olaf Ueberschär die Vorteile dieser Geräte.
Sprachlose Tiere
„Im Reitsport wurde ein solches Monitoring bisher aber kaum angewendet“, wundert sich der Biophysiker und Biomechaniker, der selbst Leistungssport macht. „Dabei hat es gerade dort riesige Vorteile.“ So können Reiterinnen und Reiter nach dem Training eine konkrete Aussage dazu machen, wie es ihnen physisch geht. Nach diesen Angaben können die Übungen dann angepasst werden, um die Leistungen zu optimieren und Verletzungsrisiken zu verringern.
Weil sich die Tiere nun einmal nicht in gleicher Weise artikulieren können wie wir Menschen, tappt das Trainingsteam im Dunkeln. Genau das wollte Olaf Ueberschär ändern und startete das Projekt WinningPegasus. Das im Spitzensport der Zweibeiner bereits gut erprobte System wurde auf Pferde übertragen, die mit je einem Sensor an den vier Beinen und einem weiteren am Rumpf ausgerüstet wurden. Das geringe Gewicht der Geräte – jeweils nur 16 Gramm – dürften die tierischen Sport-Partner kaum bemerkt haben, sodass die Forschungsgruppe wichtige Daten sammeln konnte, um nach der Analyse die Leistung der Tiere zu verbessern.
Individuelle Asymmetrie
Pferde legen beim Springen ihre Beine gern an, was zur Folge hat, dass nur der Sensor am Rumpf Auskunft darüber geben kann, wie steil das Tier abspringt, wenn es ein Hindernis überwinden will. Obendrein misst das Mini-Gerät dort in der Nähe des Schwerpunktes des Tieres und gibt so wichtige Hinweise auf die gesamte Belastung des Körpers. Am Rumpf treten nach den Ergebnissen von WinningPegasus die stärksten Kräfte beim Springen mit normalerweise nicht mehr als der fünffachen Erdbeschleunigung auf. Sie sind damit deutlich geringer als an den Beinen – und ähnlich hoch wie an der Hüfte eines springenden Menschen.
An den Beinen maß die Gruppe um Olaf Ueberschär durchaus unterschiedliche Verteilungen der Belastung. Im offenen Gelände wirken auf die Vorderbeine der Pferde meist größere Kräfte als auf die Hinterbeine. Allerdings unterscheiden sich Pferde durchaus deutlich voneinander, manche von ihnen belasten sogar die Hinterbeine stärker. Solche individuellen Asymmetrien sind völlig normal, sie sollten deshalb für jedes Tier gut aufgezeichnet werden.
Schließlich können sich diese Asymmetrie- Muster manchmal verändern und verraten das über die Sensoren. Die Menschen können dann genauer nachschauen und entdecken vielleicht sogar ein Problem, das sonst unbemerkt geblieben wäre. „Mit frühzeitigen Anpassungen im Training können so schwere Verletzungen, die sich langsam entwickeln, möglichweise verhindert werden“, erklärt Olaf Ueberschär. Das hilft allen Beteiligten, sowohl den Zweibeinern als auch den Vierbeinern.
Der beste Reitplatz
Inzwischen ist WinningPegasus abgeschlossen und der Biomechaniker aus Magdeburg tüftelt bereits an einer Folgestudie, die gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück geplant ist. „Dort wurde bereits der Einfluss des Bodens auf den Pferdesport untersucht“, erklärt Olaf Ueberschär.
Die Struktur des Untergrundes, der Wassergehalt und auch die Temperaturen verändern die Kräfte, die auf den Körper wirken, erheblich. „Daher laufen Jogger lieber auf weichem Waldboden, der die Gelenke weniger beansprucht, als auf hartem Asphalt“, nennt der Biomechaniker einen wichtigen Zusammenhang. In einer gemeinsamen Studie soll daher die Elektronik des 21. Jahrhunderts für jede Jahreszeit und Witterung die Plätze aussuchen, auf denen die Pferde am besten trainieren können. Auf diese Weise wird der Spitzen-Reitsport weiter optimiert.
Mehr Forschungsgeschichten im Forschungsmagazin "treffpunkt forschung".
Aktuelles Magazin im Download
Kontakt zur Redaktion
Sie möchten das Forschungsmagazin als Print-Ausgabe lesen? Schreiben Sie uns.