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Individuelle Therapie dank Tracker
Für die Menschen ist es ein kleiner Sensor, für die neurologische Rehabilitation wäre es ein großer Schritt. Prof. Claudia Wendel und Wendi Sieber gehören zu einem Kooperationsnetzwerk, das einen „Reha-Tracker“ entwickelt, mit dem sich Patientinnen und Patienten „vermessen“ lassen. Mit den erfassten Daten könnten erstmals Rückschlüsse gezogen werden, wie Menschen mit neurologischen Schädigungen individuell geholfen werden kann.
von Manuela Bock
Die spannende Phase hat begonnen. In einem ambulanten Münchner Reha-Zentrum sind Patientinnen und Patienten über längere Zeit mit einem Mini-Sensor ausgestattet. Was aussieht wie ein Fitness-Zubehör zum Messen von Körperwerten ist für Prof. Claudia Wendel ein Meilenstein. Die Professorin für Klinische Neuropsychologie beschäftigt sich seit Jahren in ihren Forschungen damit, wie soziale Teilhabe nach einer schweren Krankheit oder einem schweren Einschnitt wieder hergestellt werden kann. Als der Initiator Christian Traubinger im Jahr 2020 ein Netzwerk für das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Reha-Track“ zusammenstellte, musste die Wissenschaftlerin nicht lange überlegen, ob sie mitmachen möchte. „Wir packen damit ein sehr wichtiges Thema der neurologischen Rehabilitation an“, sagt Prof. Claudia Wendel. „Aktuell weiß niemand genau, welche Interventionen für welche Betroffenen zu welchem Zeitpunkt besonders wirkungsvoll sind. Die Zusammenhänge zwischen Diagnose, Reha-Maßnahmen und Behandlungserfolg sind teilweise diffus.“
Menschen werden „vermessen“
An dieser Stelle setzt das Projekt an, bei dem auch Wendi Sieber, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Master- Absolventin der Hochschule, beteiligt ist. Was mit „Sensorisches Monitoring der sozialen Teilhabe in der neurologischen Rehabilitation“ überschrieben ist, lässt sich so zusammenfassen: Damit in späterer Forschung herausgefunden werden kann, wie die Interventionen in der neurologischen Rehabilitation anschlagen, werden Menschen jetzt testweise „vermessen“. Bisher kommen in klinischen Studien vor allem Fragebögen und Tests zum Einsatz, um die Situation der Betroffenen zu dokumentieren. Mit dem sensorbasierten „Reha- Tracker“ wird es nun erstmals möglich, erweiterte Bewegungsdaten zu erhalten. Die so übermittelten Daten sind zuverlässig, weil sie nicht von der subjektiven Einschätzung der Betroffenen abhängen. Die hohe Informationsqualität der Daten erlaubt es, individuelle Veränderungen messbar zu machen, die Rückschlüsse auf das Wohlergehen der Betroffenen zulassen. „Wir legen mit unserer Vorarbeit die Basis, um herauszufinden, mit welchen Daten wir Veränderungen abbilden können und wie das technisch möglich ist“, sagt Wendi Sieber. Wichtig könnte das vor allem für Betroffene werden, die durch Folgen ihrer neurologischen Erkrankung so eingeschränkt sind, dass sie im Verlauf der Behandlung an schweren Depressionen erkranken, Angststörungen oder Schamgefühl entwickeln, sich dadurch zurückziehen oder sogar rehabilitative Maßnahmen ablehnen. Diese Menschen hat das gesamte Forschungskonsortium im Blick, wenn es bis 2024 den „Reha-Tracker“ entwickelt. Es ist eine Aufgabe, die jeden im Netzwerk vor große Herausforderungen stellt und für die man an einem Strang ziehen muss.
Erster Erfolg: Ein Prototyp wird entwickelt
Gerade das sei am Anfang jedoch nicht leicht gewesen, erinnert sich Wendi Sieber. Viele Begriffe seien von Forschenden und beteiligten Unternehmern anders ausgelegt worden. Bei der Zusammenarbeit sei es zunächst wichtig gewesen, erstmal auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, sich also interdisziplinär zu verständigen. Neben Wissenschaftlerinnen sind vor allem Techniker mit im Boot. „Während die eine Seite mit der Forschung begann, wollte die andere schon an der Technik tüfteln, programmieren und Details der Datenübertragung klären. Viele Online-Meetings, große Arbeitstreffen und kleine Gruppen-Termine sind nötig, um gemeinsam zielorientiert am Tracker zu arbeiten“, sagt Wendi Sieber.
Dass inzwischen bereits Daten erfasst und ausgewertet werden können, bezeichnen die Wissenschaftlerinnen am Stendaler Hochschulstandort als ersten Erfolg. Den Weg dorthin haben sie durch die Entwicklung eines agilen Befragungssystems per App, einer Datenbank und durch die Erprobung von Algorithmen geebnet. Bei der Entwicklung des Trackers wurden von Beginn an Betroffene eingebunden, um deren Bedarfe zu berücksichtigen.
Tracken – ein Novum in der Rehabilitation
Nicht zu vergessen: Was in der Fitnessbewegung seit langer Zeit völlig normal ist – sich zu „tracken“ – Daten zu erfassen und auswerten zu lassen, ist in der Rehabilitation ein Novum. „Der Bereich ist bisher wenig digitalisiert“, weiß Prof. Claudia Wendel. Damit tauchte in der Vorbereitung eine nächste Herausforderung für das Forscherinnen-Duo auf. „Wir haben sehr intensiv mit der Ethikkommission verhandelt und viel Zeit in ein Datenschutz-Konzept investiert“, erinnert sich Wendi Sieber. Grundsätzlich hätte von Anfang an gegolten: „Alle können selbst darüber bestimmen, wann sie getrackt werden möchten, genau wie bei den Fitness-Geräten.“ Ansonsten ist im Tracker-Vergleich jedoch vieles anders. Wichtigster Unterschied: Der Reha Tracker misst keine Körperwerte, sondern arbeitet mit einem Lichtsensor, der erfassen kann, wie viel Zeit ein Mensch draußen oder in der Nähe von künstlichem Licht verbringt. Neben Lichtwerten wird auch das Bewegungsverhalten aufgezeichnet. Die Professorin erklärt: „Mit solchen objektiven Messungen können wir die Aktivität eines Menschen abbilden und Einflussgrößen der sozialen Teilhabe identifizieren.“ In die Zukunft gedacht, könnten relevante Stellschrauben identifiziert werden, um passgenaue Interventionen zur Verbesserung und zum Erhalt der Teilhabe und Lebensqualität zu entwickeln. Auch soll es möglich sein, auf Basis von Trackingdaten, depressive Tendenzen abzulesen und die notwendige therapeutische Unterstützung zu aktivieren. In der laufenden Studienphase erproben die Forscherinnen nun, wie der Tracker tatsächlich funktioniert und wie die Datenübertragung gelingt.
Das Netzwerk arbeitet auf Hochtouren. Was es schon jetzt auf der „Haben-Seite“ verbuchen kann, ist ein funktionsfähiger Prototyp, der mit etwas „Feinschliff“ schnell markttauglich wäre. Nicht nur das: Das Entwicklungsteam hat ihn so angelegt, dass er auch für andere Krankheitsbilder eingesetzt werden kann.
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