„Wissen schafft Kunst“

Dr. Sandra Maria Geschke und Prof. Günter Mey sichten bereits bestehende Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst an der Hochschule, um vorhandene und neue Partnerschaften auszubauen.
Künstler Christoph Ackermann (rechts im Bild) zeigt Günter Mey und Sandra Maria Geschke sein Atelier im Q.Hof – Kunst- und Handwerker Hof in Magdeburg Buckau.

Ein Theaterstück, das zu Tränen rührt, ein irritierend-surreales Foto: Kunst löst uns aus dem Alltag, spielt mit unserer Wahrnehmung. Das macht sie für die Vermittlung von Wissen so wertvoll. Gemeinsam mit Kunstschaffenden will deshalb eine von der Rektorin Prof. Dr. Manuela Schwartz ins Leben gerufene Hochschulinitiative bestehende Partnerschaften zwischen Kunst und Wissenschaft sichtbar machen und ausbauen – und über deren kreative Resultate der Gesellschaft einen neuen Zugang zu Forschung und Wissenschaft anbieten.  

von Kathrin Wöhler und Michael Lust

Sobald Dr. Sandra Maria Geschke von den Potenzialen erzählt, die sie in der Initiative „KUNSThoch2“ sieht, leuchten ihre Augen. „Wissenschaft und Kunst sind äußerst produktive Partner. Sie können sich gegenseitig wundervoll bereichern.“ Die Kulturwissenschaftlerin widmet sich in den Studiengängen Industrial Design und Interaction Design der Frage, wie sich Gesellschaft zukunftsorientiert gestalten lässt. Kunst biete, so Geschke, eine Bandbreite an Formensprachen und Techniken, um komplexe Inhalte sinnlich und damit buchstäblich begreifbar zu machen – also etwa als Foto, Theateraufführung oder Multimediaprojekt.

Nur: Kann Wissenschaft, die sich exakt definierter Methoden bedient, überhaupt den Schulterschluss mit Kunst suchen? „Unbedingt“, sagt Dr. habil. Günter Mey, Professor für Entwicklungspsychologie im Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften. Er selbst vertritt diese Idee als gelebte Praxis. Deshalb sprach auch ihn die Rektorin im Juli 2022 an, um KUNSThoch2 Leben einzuhauchen.

Hochschule mit Kunstbezug

Seit Jahren macht Mey seine Forschungsergebnisse über Kunst-, Ausstellungs- und Filmprojekte einem breiten Publikum regional und überregional zugänglich. Und sieht sich damit keinesfalls als Exot an der Hochschule. „Tatsächlich existieren in allen Fachbereichen längst künstlerische Bezüge“, erläutert Mey. Es gab Ausstellungen, Installationen im öffentlichen Raum und Kreativ-Workshops, Theaterarbeit, Lesungen und „ARTalks“ – letzteres ein von Mey gegründetes Gesprächsformat anlässlich seiner Ausstellung „Kunst in der Altmark. Anders Sehen“. Überhaupt reichern vielfältige Kunstbezüge und Kooperationen mit Theatern, Museen und Kunsthäusern, Vereinen sowie regionalen Unternehmen die hochschulische Lehre und Forschung an. Ein lebendiges Beispiel bietet das im Juni 2023 mit dem BESTFORM Award ausgezeichnete „schauwerk“ in der Magdeburger Innenstadt. Die Räume des Ladenlokals stehen Kultur- und Kunstschaffenden, Studierenden und Lehrkräften gleichermaßen offen. Das Wissen der Hochschule bildet hier den Stoff, aus dem kreative Werke entstehen, die im „schauwerk“ öffentlich gezeigt werden. Wer eintritt, bekommt auf seinem Weg zwischen Hosenkauf und Dombesuch ohne Umstände und in ästhetisch ansprechender Form Zugang zu akademischen Inhalten. Es gibt zudem Vorträge, Konzerte, Workshops und Symposien. „Das schauwerk fungiert als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“, sagt Geschke.

Wenn Wissen die Sinne berührt

Den Mehrwert ihrer Herangehensweise sehen Mey und Geschke aber vor allem für den originären Lernprozess der Studentinnen und Studenten: „Wenn Wissen die Sinne berührt, dann macht Lernen besonders viel Freude und ist langfristig wirkungsvoll“, verdeutlicht Geschke. „Die Studierenden spüren, wie genussvoll es sein kann, sich kreativ mit Wissenschaft zu beschäftigen.“

Sie beobachte, wie viel Aufmerksamkeit auf dem Gestalten in all seinen Details liege, wenn Studierende das, woran sie gerade arbeiten, auf die Bühne bringen oder in eine Skulptur übersetzen. „Die damit verbundene Erkenntnis, dass es nicht nur eine Ausdrucksmöglichkeit gibt, kann sehr befreiend und inspirierend sein“, betont Geschke. „Auch Formensprachen sind Sprachen. Je mehr man kennt, desto größer sind die Möglichkeiten, stimmig zu kommunizieren und wahrgenommen zu werden.“

Diesen Leitgedanken überträgt Mey auch auf den Transfer in die Öffentlichkeit: „Kunstbasierte Forschung und Lehre, wie ich sie als performativer Sozialwissenschaftler vertrete, erzeugen Momente des Verstehens, die nachwirken. Sie stellen die Absolutheit, wie sie in der Wissenschaft oft proklamiert wird, produktiv infrage, brechen sie auf, eröffnen Zwischenräume, was wiederum mehr Teilhabe von Menschen ermöglicht.“

Künstlerisch-kreative Prozesse entfalten

Um Erfahrungen und Wünsche zu verstetigen und in konkrete Pläne zu übersetzen, treffen sich Mey und Geschke sowie die Rektorin regelmäßig mit Künstlerinnen und Künstlern aus Magdeburg und der Altmark, dem nördlichen Sachsen-Anhalt. So könnte eine Art niedrigschwellige Kontaktbörse entstehen, durch die Studierende auf ein ganzes Netzwerk aus Kunstschaffenden, Projektverantwortlichen und Alumni träfen. „Es gäbe eine Anlaufstelle für alle, die Lust auf eine kreative Umsetzung ihres Wissens oder ihrer wissenschaftlichen Arbeiten haben“, malt Geschke ein denkbares Zukunftsbild.

Damit, betont Mey, schaffe KUNSThoch2 einen neuen Raum, der dem Anspruch einer Hochschule für angewandte Wissenschaften dauerhaft und wahrnehmbar eine künstlerische Facette hinzufügt. Jener Raum, so führt Mey seinen Gedanken fort, sei dabei nicht nur der physische Raum für die Zurschaustellung von Kunstobjekten, sondern zugleich auch der mentale Raum, in dem sich unter Beteiligung von Studierenden und Lehrenden sowie den Hochschulpartnern künstlerisch- kreative Prozesse entfalten können.

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