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Auf interkultureller Mission
Florian Schulze verteilt landestypische Köstlichkeiten in der Märchenjurte. Foto: Anke Schulze
Aus treffpunkt campus Nr. 90, 03/2016
Als Florian Schulze Mitte der 1990er-Jahre sein Studium begann, war der Fachbereich Soziale Arbeit noch in den Kinderschuhen. Viele in seinem Jahrgang stiegen quer ein, was wiederum großes Potenzial für Austausch bot – ab und an auch im studentisch initiierten Blatt „Whoopee“. Heute arbeitet der 47-Jährige im Jugendmigrationsdienst Dessau-Roßlau sowie in der offenen Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Nordklub bei der Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis.
Interview: Christina Balsam
Warum haben Sie sich für das Studium Soziale Arbeit entschieden?
Als Pfarrerssohn in der DDR und ohne die Bereitschaft, Wehrdienst zu leisten, bekam ich Ende der 1980er Jahre nicht sofort die Möglichkeit, ein Medizinstudium aufzunehmen. Ich erlernte Krankenpfleger, um meinem Ziel näher zu kommen. Für den Zivildienst musste ich meinen Einsatzort wechseln und kam in die Dienststelle der Diakonie-Sozialstation in Roßlau. Hier war ich in der häuslichen Pflege tätig sowie für die Betreuung von Alkoholikern und Senioren zuständig. Dabei wuchs mein Wunsch, einen sozialen Beruf zu erlernen, auch studieren wollte ich noch immer.
Was war das Besondere an Ihrem Studium?
Der Fachbereich Sozialwesen war erst ein Jahr zuvor gegründet worden; alles war noch unfertig und formbar. Der überwiegende Teil der Studierenden bestand aus Quereinsteigern mit Arbeits- und Lebenserfahrung. Der Fachbereich wuchs erst langsam und so hatten wir ein enges und zum Teil freundschaftliches Verhältnis zu den Professoren. Dazu kam, dass wir das studentische Wurstblatt „Whoopee“ gründeten und so für den Fachbereich zu einem Bindeglied zwischen Studierenden und Lehrkörper wurden. Die erste Ausgabe erschien im Dezember 1993, drei Monate nach Beginn meines Studiums, und war das Beste, was mir passieren konnte. Durch die Zeitungsarbeit waren wir nah dran am Leben im Fachbereich. Wir nahmen dabei alles und vor allem uns nicht so ernst. Wir konnten aber auch anders: So brachten wir eine Extraausgabe zum beabsichtigten Umzug des Fachbereichs in das Allianz-Bürogebäude in der Halberstädter Straße heraus und verhinderten dies. Da ich von Anfang an dabei war, übernahm ich irgendwann die Rolle des leitenden Redakteurs und zeichnete mit großer Freude die Comics für jede Ausgabe, die sich zum Beispiel über die Marotten der „Sozis“ lustig machten. Manche unserer Artikel waren kontrovers, aber nie verletzend. Heutzutage wirkt alles wenig professionell, für die damaligen Verhältnisse war es doch recht innovativ.
Wohin verschlug es Sie nach dem Studium?
Eigentlich wollte ich in den Krankenhaussozialdienst, meine Erfahrung als Krankenpfleger nutzen. Am Ende meines Studiums war aber keine Stelle frei. So bewarb ich mich als Leiter des Jugendgemeinschaftswerks in Dessau, das sich um die Betreuung und Begleitung jugendlicher Spätaussiedler kümmerte. Seitdem bin ich in der Migration und der interkulturellen Bildung tätig. Seit vielen Jahren jedoch arbeite ich mit Referenten mit Migrationshintergrund eng zusammen. Das ist eine große Bereicherung.
Sie leiten auch das Projekt Märchenjurte. Was genau verbirgt sich dahinter?
In Vorbereitung der Interkulturellen Woche 2006 kamen eine Kollegin und ich auf die Idee, eine Veranstaltungsreihe speziell für Kinder anzubieten. Zum Kennenlernen kultureller Vielfalt eignen sich Märchen hervorragend, denn sie werden überall zum Einschlafen erzählt und lehren etwas für das Leben. Unsere Märchenerzähler sind Menschen aus aller Welt. Sie erzählen ein Märchen oder eine Geschichte aus ihrer Heimat, die sie selbst als Kind gehört haben, zuerst in ihrer Muttersprache, dann geht es auf Deutsch weiter. Dazu gibt es Informationen über das Herkunftsland und in einer Schatztruhe befindet sich immer etwas Landestypisches zu Essen oder zu Trinken. Vor der Jurte wird gespielt, getanzt, gebastelt – immer im direkten Zusammenhang mit dem jeweiligen Land.
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