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Ein wortwörtlich sicherer Arbeitsplatz
Suchttherapeut Michael Schmitt studierte Sozialpädagogik. Foto: Nico Pfeil
Aus treffpunkt campus Nr. 79, 04/2014
Hohe Mauern und Stacheldraht umgeben das Büro von Michael Schmitt. Der 32-Jährige ist Suchttherapeut und arbeitet in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg. Für treffpunkt campus reflektiert er sein Studium an der Hochschule Magdeburg-Stendal und beschreibt seine Arbeit hinter Gittern.
Interview: Nico Pfeil
Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?
Ich habe erst Sozialpädagogik am Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen der Hochschule studiert – damals noch Diplom. Danach war ich drei Jahre in der „Flora“ tätig, einem Wohnheim für seelisch kranke Menschen in Haldensleben. Als die JVA Burg gebaut wurde, habe ich mich dort auf eine Stelle im Sozialen Dienst beworben und seit Mai 2009 bin ich dort tätig.
Sie haben auch eine Zusatzausbildung gemacht?
Ja, eine suchttherapeutische Ausbildung über drei Jahre. Diese Möglichkeit hat sich in der JVA relativ schnell ergeben, weil der Bedarf vorhanden war. Insgesamt finde ich es wichtig, nicht nur der „normale“ Sozialarbeiter zu sein, sondern der Sozialarbeiter, der Bogen schießt, oder der, der eine Fremdsprache spricht.
Wenn Sie sich an Ihr Studium erinnern, was ist Ihnen gleich präsent?
Auf jeden Fall eine Projektarbeit zum Thema „Barrierefreiheit im internationalen Vergleich“, bei der ich viel selbstständig arbeiten konnte. Damit verbunden waren Forschungsinterviews, Fahrten nach Tschechien und Rumänien und schließlich resultierte auch das Thema meiner Abschlussarbeit daraus.
Ärgert es Sie nicht, dass Sie die wissenschaftlichen Kenntnisse heute nicht anwenden können?
Das theoretische Konstrukt der Arbeit bleibt sicherlich auf der Strecke. Entscheidender sind für mich andere Erfahrungen: Zum Beispiel, wie ich mit Hilfe eines bestimmten Werkzeugs, wie einem Experteninterview, ein brauchbares Ergebnis bekomme. Ich habe ein gewisses Gefühl für Objektivität entwickelt. Insofern profitiere ich auch heute noch vom damaligen Aufwand.
Wären Sie gern noch einmal Student – jetzt nach fast zehn Berufsjahren?
Im Studium ging es häufig um Prüfungen, also eine bestimmte Leistung zu einem Moment abzurufen oder zu liefern. Auf der Arbeit bestimme vielmehr ich, was ich leiste. Ich bin derjenige, der mich bewertet im Umgang mit den Klienten – und das wahrscheinlich strenger als die Lehrenden.
Die JVA Burg ist ein Vorzeigegefängnis in puncto Sicherheit. Gehen Sie angstfrei zur Arbeit?
Angst habe ich nicht. Ich würde es als Respekt beschreiben, mit dem ich meinen Aufgaben im Gefängnis nachkomme. Dazu gehört, dass ich selbst zu meiner eigenen Sicherheit beitrage.
Worauf kommt es in Ihrer Arbeit mit den Inhaftierten an?
Als Suchttherapeut treffe ich die Gefangenen in Einzelgesprächen oder in der Gruppe. Ich gebe ihnen Rat und begleite sie in der Phase der Haftentlassung. Für eine positive Zusammenarbeit muss ich mir einen Vertrauensvorschuss erarbeiten. Das gelingt, indem ich authentisch bin, Absprachen einhalte und den Menschen mit Respekt begegne – auch wenn ein Kapitalverbrecher vor mir sitzt.
Wie sieht denn eine erfolgreiche Zusammenarbeit aus?
Ich begleite einen Lebensabschnitt eines Süchtigen. Das verstehe ich als Prozess. Wie intensiv oder erfolgreich der Prozess ist, wird maßgeblich vom Betroffenen bestimmt.
Gehen Sie gern zur Arbeit?
Ja, aber ich möchte das von Spaß differenzieren. Als ich im Wohnheim gearbeitet habe, konnte ich die Entwicklung der Menschen sehen – das hat Freude bereitet. Hier im Gefängnis bin ich Teil eines komplexen Systems, das viele Erwartungen an die Häftlinge hat. Es ist die Herausforderung, mit den unterschiedlichen Lebenslagen der Menschen umzugehen, die mich gern zur Arbeit gehen lässt.
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