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Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Karikatur: Phil Hubbe
Aus treffpunkt campus Nr. 96, 04/2017
Deutsche Kohlekraftwerke abschalten – das bleibt wegen deren Emission von Treibhausgasen wünschenswert. Doch ist der Ausstieg aus der Braunkohle netztechnisch möglich und in jedem Fall umweltfreundlich? Prof. Dr.-Ing. Maik Koch lehrt am Institut für Elektrotechnik und sieht in der großtechnischen und wirtschaftlichen Speicherung elektrischer Energie von volatilen erneuerbaren Erzeugern aktuell noch Entwicklungsbedarf.
Text: Prof. Dr.-Ing. Maik Koch
41 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms kam im Jahr 2016 aus Braun- und Steinkohlekraftwerken. Dieser Anteil wuchs nach dem Atommoratorium aus 2011 und bleibt seit Jahren konstant. Warum diese Entwicklung? Wurde zu wenig in Wind- und Sonnenstrom investiert? Nein, die Zubauraten sind seit Jahren hoch. Vielmehr begrenzt die Binsenweisheit, dass der Wind weht, wann er will, und dass die Sonne im Mittelwert höchstens zwölf Stunden täglich scheint, ein ambitioniertes Klimaziel. Es bleibt physikalische Grundlage, dass Erzeugung und Verbrauch elektrischer Energie sich in jedem Augenblick genau die Waage halten müssen. Selbst die lächerlich kleine Leistung einer drei Watt LED-Leuchte muss genau dann in einem Kraftwerk erzeugt werden, wenn die Nutzerin oder der Nutzer den Schalter betätigt. Da nutzt es nichts, wenn in der Jahressumme eine große Energiemenge aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Es kommt vielmehr auf den Augenblickswert an, sonst sind Blackouts die Folge. Tatsächlich haben die ungeplanten Maßnahmen zur Netzstabilisierung, so genannter Redispatch, mit steigender Einspeisung erneuerbarer Energien stark zugenommen – z. B. von 8.400 Stunden in 2014 auf 15.800 Stunden in 2015.
Können nun, nach dem Ausstieg aus der Kernkraft bis 2021, auch die Kohlekraftwerke kurzfristig vom Netz gehen? Wer würde die Erzeugungslücke bei einer Flaute schließen? Ein Blick auf die Landkarte lässt das zukünftige Szenario erahnen. Frankreich im Westen hat einen Atomstromanteil von 76 bis 79 Prozent. Dort ist kein Ausstieg geplant. Im Osten liegen Polen und Tschechien mit einem Anteil von 90 Prozent an Kohlestrom. Und diese Kraftwerke entsprechen durchaus nicht deutschen Umweltstandards. Mit der kurzfristigen Abschaltung deutscher Kohlekraftwerke würde unser Land also potenziell Atomstrom aus Frankreich und Kohlestrom aus Polen importieren. Das kann nicht wünschenswert sein, nicht zuletzt wegen des Umwelt- und Klimaschutzes.
Wie also kann die elektrische Energiewende gelingen? Das Problem der volatilen Einspeisung durch Wind und Sonne kann gelöst werden, wenn zwei Fragen geklärt werden. Erstens: Wie kann Strom über große Entfernungen transportiert werden? Zweitens: Wie kann elektrische Energie großtechnisch gespeichert werden? Mit dem Stromtransport über große, europäische Entfernungen kann eine Flaute im Norden Deutschlands durch Sonnenenergie aus Spanien oder durch Wasserkraft aus den Alpen ersetzt werden. Die gute Nachricht: Technisch ist dieses Netz kein Problem. Vielmehr steht hier der mangelnde politische Wille im Wege. Solange die Energiewende ein vorrangig deutsches Anliegen bleibt, wird das europaweite Hochleistungsnetz für andere europäische Regierungen untergeordnete Priorität haben.
Für die zweite Frage nach der großtechnischen Speicherung elektrischer Energie gibt es aus meiner Sicht keine einfache Lösung. Wegen der zurzeit nur schlecht bezahlten Regelleistung lohnt sich die Errichtung neuer Stromspeicher finanziell kaum. Für neue Pumpspeicherkraftwerke fehlen die geografischen Bedingungen. Chemische Speicher wie Akkumulatoren stellen sich als teuer dar und können großtechnisch, z. B. für die Versorgung eines Landes über eine Nacht, bisher keinen Beitrag leisten. Die Einbeziehung der Elektromobilität scheitert an der auf absehbare Zeit zu geringen Zahl an Elektroautos. Ideen zur Sektorenkopplung, z. B. Power2Heat und Power2Gas, sind noch Stand der Forschung. Deshalb bleibt die großtechnische und wirtschaftliche Speicherung elektrischer Energie von volatilen erneuerbaren Erzeugern eine nur ansatzweise gelöste Forschungsfrage. Dies ist auch eine Ermutigung für alle Studierenden, ihre wissenschaftliche Zukunft dieser Herausforderung zu widmen. Deutsche Kohlekraftwerke abschalten – ja, sobald technisch möglich und umweltpolitischsinnvoll, aber nicht früher.
Gedanken sammeln, abwägen und bewerten – unsere Profs haben immer eine Meinung. Ihren Blick auf aktuelle Themen kannst du in unseren Kommentaren nachlesen.
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