Vom Töpfern zum Leistungsstipendium

Prof. Dr.-Ing. Ulrike Ahlers (dritte v. l.) während der Studienzeit auf dem Zwiebelmarkt in Weimar. Foto: Uta Dumke

Aus treffpunkt campus Nr. 85, 04/2015

Professorin Ulrike Ahlers wird am Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit für ihre offene und freundliche Art geschätzt. Ihr Talent ist, ohne Scheu auf Menschen zuzugehen und Probleme anzusprechen. So verläuft die Lehre entspannt, auch wenn das Studium gerade erst begonnen hat. An ihren eigenen Studienstart kann sich die Professorin für Baustoffkunde noch gut erinnern. Auch daran, dass sie für ihre Studienwahl von manchem Dozenten belächelt wurde. Doch Sarkasmus und Strenge begegnete die heute 48-jährige Magdeburgerin zu Beginn ihrer Volljährigkeit mit Lerneifer, Feten und Freundschaften.

Text: Aufgeschrieben von Nico Pfeil

Einen richtigen Plan, was ich mit meinem Leben anfangen wollte, hatte ich zu Beginn meiner Studienzeit nicht. Ich wollte eigentlich töpfern. Aber ohne Beziehungen zu einer Töpferei hat das zu DDR-Zeiten nicht so einfach funktioniert. Meine Entscheidung fiel dann auf den Studiengang Silikattechnik, denn damit lernen Studierende die Herstellung von Glas, Keramik und Bindemitteln. So hatte ich zumindest die theoretischen Fachkenntnisse zum Töpfern. Studiert habe ich von 1986 bis 1991 an der heutigen Bauhaus-Universität Weimar – damals Hochschule für Architektur und Bauwesen. Das gleiche Studium hätte ich auch an der Bergakademie in meiner Heimat Freiberg in Sachsen absolvieren können. Doch die Abnabelung von zu Hause war mir wichtig und das habe ich nie bereut, denn nur so ist der enge Draht zu meinen Kommilitonen entstanden.

Dennoch war der Anfang nicht einfach! Ich war das erste Mal von meinem schönen zu Hause weg. Da war die Orientierung in einer anderen Stadt ungewohnt. Ich habe das nur durchgezogen, weil es mein eigener Entschluss gewesen ist, nach Weimar zu gehen. Meine Eltern fanden die Pendelei nicht so toll. Am Bahnhof in Freiberg haben sie mir häufig Geld für die Zugfahrt gegeben, damit ich nicht nach Weimar trampe. Doch das war schneller und günstiger, sodass ich zumindest bei der Rückfahrt das Geld lieber gespart habe.

Der Studieneinstieg fiel mir insgesamt schwer. Ich hatte keine Ansprechpersonen und habe mich nicht gleich jedem geöffnet. Zusätzlich hatte ich nach meinem ersten Physikunterricht das Gefühl, ich sei die Dümmste im Hörsaal, da ich dem Professor nicht folgen konnte. Ich habe wirklich gar nichts verstanden. Im zweiten und dritten Semester gab es dann auch noch andere Fächer. Da erging es mir genauso (lacht). Einiges erschloss sich mir eben nicht sofort.

Gewohnt haben wir im Internat. Privat zu wohnen, war absolut unüblich. Ich bin bei höheren Semestern untergekommen, fast genau über dem Studentenclub Schützengasse. Dort lief Musik von Postel & Pötsch, Keimzeit, Dreyfuß und Gipsy (aus Thalheim). Ich konnte förmlich in Hauspantoffeln in den Club. Unser Zimmer war klein, vielleicht doppelt so groß wie mein Büro. Kaum vorstellbar, dass wir dort zu viert gegessen, geschlafen und gearbeitet haben. Manch einer ist geflüchtet. Den Rest haben die Umstände zusammengeschweißt.

Zusammenhalten mussten wir manchmal auch, um uns gegen die Dozenten durchzusetzen. Einer meinte im Unterricht zu uns Mädels – wir waren zur Hälfte Frauen: „Mensch! Das wird doch nichts mit Ihnen. Suchen sie sich lieber einen gescheiten Mann und gründen eine Familie.“ Aus heutiger Sicht eine Unverschämtheit. Doch er meinte das als pragmatischen und guten Rat.

Die meisten Professoren waren – gefühlt – kurz vor der Rente und sehr autoritär. Ihr Unterricht war eine Vorlesung im wahrsten Sinne, sodass wir – bewaffnet mit Stiften, Zetteln und häufig auch Blaupapier – 90 Minuten wie besessen mitschreiben mussten. Trotzdem war es nicht mucksmäuschenstill. Unsere Dozenten meinten, wir seien ein besonders albernes und lebhaftes Studienjahr.

Mit meinen Noten im ersten Semester war ich zufrieden. Ich hatte eine Zwei, ein paar Dreien und ansonsten Vieren. Alles bestanden – bei uns gab es nur hopp oder top. Rätselhaft ist mir dennoch, wie ich so ein Leistungsstipendium bekommen konnte. Meine Diplomarbeit wurde jedenfalls mit sehr gut bewertet.

Noten waren aber nicht so wichtig, bei uns stand das Miteinander im Zentrum. Viele Freunde von damals besuche ich auch heute noch, man telefoniert zum Geburtstag oder kommt einfach vorbei, wenn man zufällig am passenden Ort ist.

Mehr Erinnerungen an die Studienzeit in „Lehrende und ihre Studienanfänge“

 

 

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