Revolutionäre Flausen im Kopf

In den 1980ern Soziologie-Student in Bamberg, heute Professor in Stendal: Matthias Morfeld. Foto: privat

Aus treffpunkt campus Nr. 83, 02/2015

Unbekannte Dialekte, akademische Idole und die Distanz zur Heimat. Das alles waren gute Gründe für Matthias Morfeld, die Heimat zu verlassen und ein Studium der Soziologie in Bamberg zu beginnen. Heute lehrt er an der Hochschule Magdeburg-Stendal am Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften in Stendal und plaudert für die Reihe „Lehrende und ihre Studienanfänge“ aus dem Nähkästchen.

Text: Aufgeschrieben von Britta Häfemeier

Jubiläen haben es so an sich, dass sie geradezu danach schreien, sich an alte Zeiten zu erinnern. Und es ist tatsächlich schon 30 Jahre her, dass ich mich mit einem mittelmäßigen Abitur aber voller revolutionärer Flausen im Kopf in Friesland aufgemacht habe, und in Bamberg an der Otto-Friedrich-Universität Soziologie zu studieren. Warum so weit weg? Es war damals tatsächlich noch so, dass man sich den Studienort nach namhaften Persönlichkeiten der akademischen Lehre ausgesucht hat. Mein damaliger Star – und er sollte es bis zu seinem frühen Tod Anfang dieses Jahres immer bleiben – war Ulrich Beck. Einige werden sicherlich sein herausragendes Buch der Risikogesellschaft kennen (eine Pflichtlektüre!).

Angekommen in der fränkischen Provinz war es eine echt harte Zeit: Ulrich Beck war im Forschungssemester und gar nicht verfügbar, Zimmer in einem Studentenwohnheim, urkatholische Stadt mit Erzbischof und Sperrstunde um 24 Uhr. Und dann dieser Dialekt – unfassbar. Ich habe morgens noch nicht einmal die Bäckerin verstanden und dabei wollte ich doch nur ein Brötchen.

Eine gute Entscheidung war die Distanz zur Heimat, ich war gezwungen, mich von null auf 100 selbst zu organisieren und auf eigenen Beinen zu stehen. Nach zwei Semestern wollte ich wieder weg, in eine große Stadt. Aber ich habe durchgehalten. Manchmal klingt es platt, aber ich habe dann doch Freundschaften so weit von zu Hause geschlossen, die bis heute halten. Einmal im Jahr fahre ich immer noch zum Altstadtfest der Universität – denn das kann man in Oberfranken: Gut leben, lecker essen und fast 100 Sorten Bier genießen.

Rückblickend würde ich nichts anders machen, ich habe mich zum Schluss sehr wohl gefühlt. Die Bedingungen an der Universität waren sehr gut, die Gruppen klein und die Ausstattung exzellent. Ich würde meinen Kindern immer wieder empfehlen an eine kleine Hochschule zu gehen, die Reibungsverluste durch lange Wege sind nicht zu unterschätzen. Üb- rigens: Die Soziologie-Absolventen aus Bamberg haben einen toll funktionierenden Alumni-Verein, der gute Netzwerkstrukturen aufbaut und vermittelt.

Mehr Erinnerungen an die Studienzeit in „Lehrende und ihre Studienanfänge“

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