Der Gegenstand

Mal ehrlich, die meisten von uns verbringen ziemlich viel Zeit damit zu arbeiten und somit auch am Schreibtisch. Da liegt es nahe, dass wir uns dieses Habitat zu Eigen machen und den Arbeitsplatz individuell gestalten. Während so mancher Schreibtisch eher ein spartanisches Erscheinungsbild aufweist, sind andere üppig geschmückt. Doch blickt man genauer hin, gibt es nahezu überall diesen einen Gegenstand, so unscheinbar er auf den ersten Blick sein mag, der uns etwas bedeutet. Sei es der Glücksstift, ein Foto, die kitschige Figur aus dem Überraschungsei oder ein simpler Notizzettel.

Der Campus beherbergt glücklicherweise viele Räume und Arbeitsplätze, um diese zu finden. Unser erster Stopp dieser Expedition führt uns an den Schreibtisch von Karolin Winger, die als Social Media Managerin im Servicebereich Hochschulkommunikation arbeitet.

Auf meinem Tisch liegt ein Kalender. Klingt erstmal ziemlich langweilig, oder? Es ist ein kleiner Sprachkalender zum Abreißen und er verspricht „täglich 10 Minuten Lernspaß“. Ich lerne nämlich Spanisch und versuche meine Synapsen mit ganz vielen unterschiedlichen Einflüssen zu füttern. Neben einem Sprachkurs an der Volkshochschule, Chats mit Tandempartnerinnen aus Südamerika, Vokabelkarten auf meinem Nachttisch und spanischen Netflix-Serien ist da eben noch dieser Kalender mit der Vokabel des Tages und kleinen Übungen.

Neben dem wöchentlichen VHS-Kurs mache ich mal sehr viel und dann auch mal zwei Wochen gar nichts. Vielleicht ein Grund, warum ich noch nicht so gut sprechen kann, wie ich das gerne möchte. Aber ich bleibe hartnäckig dabei. Galt früher noch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, steht einem heutzutage eine ganze Welt voller Wissen bereit. Man muss nur zugreifen und sich committen. Dranbleiben ist leichter mit einem festen Ziel vor Augen. Die Frage ist also: Warum mache ich das? Der Wille, eine neue Sprache zu lernen, fußt auf der fixen Idee, den Jakobsweg in Spanien – den Camino de Santiago – zu pilgern. Nicht aus religiösen Gründen, aber irgendwie doch leicht spirituell angehaucht. Vor knapp 10 Jahren fiel mir das Buch von Hape Kerkeling in die Hände, der ist die 800 km schon gepilgert und hat seine Erlebnisse niedergeschrieben. Damals dachte ich: Nach dem Bachelor-Abschluss stürze ich mich ins Abenteuer. Als der Tag dann kam, war die Idee des Pilgerns aber schon wieder in Vergessenheit geraten. Zurück in der Zukunft stieß ich in meiner Hörbuch-App wieder auf Hape und dachte: „Jetzt geh ich es aber wirklich an!“ So ganz unvorbereitet wie er, möchte ich aber den Weg nicht gehen. Immerhin besitze ich bereits ein Paar Wanderschuhe und laufe diese im heimischen Harz schon einmal ein. Natürlich kommt man auch mit Englisch auf dem Pilgerweg weiter (meine vereinzelten Brocken Schul-Russisch sind an dieser Stelle eher nicht erwähnenswert), aber ich möchte gerne mehr Möglichkeiten zum Austausch mit den Menschen vor Ort und anderen Pilgern haben.

Eigentlich wollte ich im letzten Jahr mein kleines Abenteuer erleben, aber dann kam Corona. Wie bei so vielen hat es einige Pläne durchkreuzt. So bleibt mir immerhin mehr Zeit zum Lernen. Und der kleine Kalender auf meinem Schreibtisch erinnert mich jeden Tag daran, was noch alles vor mir liegt und wo ich hinmöchte.

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