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Qualitatives Interview: Schule
Projektmitarbeiterinnen: Pia Kiklas & Kristina Metzen
Idee & Forschungsfrage
Wir waren daran interessiert, wie Lehrer*innen aus dem Westen die Entwicklung der Schule im Osten von der Wende bis heute wahrnehmen.
Dazu haben wir eine Lehrerin, die zwei Jahre nach der Wende nach Ostdeutschland gezogen ist, interviewt. Wie war die Atmosphäre an der Schule und welche Veränderungen hat sie dort erlebt?
Durchführung
Nach Terminvereinbarung per E-Mail haben wir uns mit der Lehrerin persönlich getroffen und das 45-minütige Interview geführt. Im Vorhinein haben wir uns sechs Interviewfragen überlegt, die zu der Beantwortung unserer Forschungsfrage beitragen sollten.
Die Aufnahme des Interviews erfolgte über eine Audioaufnahme-App und wurde im Anschluss von uns Interviewerinnen transkribiert. Ein Transkriptionsausschnitt und Überlegungen zu dem Interview wurden im BGSD 26-Seminar präsentiert.
Eindrücke, Einsichten, Ergebnisse
Auszug Interviewtext
Lehrerin: Dreißig Jahre Wende, ja.
PK: ...Dreißig Jahre. Wenn man den Anfang betrachtet, als sie angefangen haben, da zu arbeiten und jetzt, hat sich schon einiges verändert, oder?
Lehrerin: Mhh, ja gut, was hat sich verändert in der Schule jetzt? Äh ... die Anspruchshaltung der Kollegen im öffentlichen Dienst. Immer klagen. Die klagen jetzt so wie im Westen, obwohl es ihnen gut geht. Einen sichereren Arbeitsplatz als im öffentlichen Dienst gibt es nicht. Das ist mir aufgefallen. Ähm, selbst wenn meine Kollegen ... Ich bin Beamtin, weil ich Mangelfächer hatte. Da habe ich auch dran, also mich drum bemüht, weil ich ja wusste, wie attraktiv das ist. Ähh, und viele, äh, die meisten sind aber noch Angestellte. Nur die jungen Leute sind natürlich alle verbeamtet. Also, aber trotz dieses Statusunterschiedes Beamter-Angestellter sind sie alle am Jammern, also viele am Jammern. Also, die wissen gar nicht, wie gut es ihnen geht. Das muss man mal klar sagen. Das ist meine Hal–, Haltung zu dem Thema. Das gilt aber auch für–, für die Westler, weil die auch immer am Meckern waren. Das kannte ich schon seit meinem Referendariat. „Ach Gott!“, ne? Und dabei ist es toll, ‘ne fette Pension, keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen und solche Sachen. Das ist eigentlich klasse, ne? So, ähm, was hat sich sonst verändert? Also da–, das Jammern ist jetzt überall. Die Schüler, ähm, haben, ich finde, Schüle–, ich glaube nicht, dass Schüler sich wirklich, ähm, die sind gleich inzwischen. Ja, ich glaube, das hat sich geändert. Es gab noch ‘ne Schülergeneration in den Neunzigern, die sich des Wandels, des Bruches, unter dem auch ihre Eltern durchaus gelitten haben, das darf man nicht vergessen, bewusst waren. Wenn sie jetzt davon überhaupt noch reden. Die Wende ist für die so fern wie die Reise zum Mond. Und ansonsten haben wir, weil ich ja eher in der Provinz bin, ein Stadt-Land-Gefälle und das dürfte auch egal sein, wo man ist. Wenn hier noch Schüler von Wende oder von Benachteiligung oder Osten oder Ossis reden, dann ist es meistens etwas, was sie, denke ich, nur aus zweiter, dritter Hand bekommen. Was ihnen erzählt wird. Aus dem Erleben kann ich‘s nicht so glauben. Letztendlich spielt es auch bei mir im Alltag keine wirkliche Rolle. Wir sind auch so durchmischt. Ich habe Ali aus Aleppo in der Klasse. Ich habe einen Schweizer in der Klasse. Wir haben Austauschschüler. Ähm, also, das ist etwas geworden, was so alltäglich ist. Es gab in der achten Klasse jetzt–, allein die Hälfte der Schüler, die wollten ‘ne Kopie haben, damit sie ‘nen Austausch mit der Schweiz machen. Also dieses Internationale ist jetzt auch gekommen. Das ist ja etwas, das durch meine Fächer, also gerade Französisch, ist das eben inzwischen normal. Wir haben Spanisch an der Schule. Äh, Latein gibt es immer noch so ein bisschen als Nische, als dritte Fremdsprache halt. Russisch ist jetzt auch mit ‘nem jungen Mann neu belebt worden. Das wird jetzt auch peppiger und nicht so ein komischer Übersetzungsunterricht, den ich da bemerkt habe. Also neue Methoden, und da sind die Deutschen, glaube ich, wirklich stark, dass auch gesprochen wird und nicht nur übersetzt wird oder aufgenommen wird, so passiv, sondern, dass man auch wirklich ‘ne Sprache auch als Kommunikationsmittel unterrichtet und lehrt und auch bewertet. Die Fähigkeiten, das ist alles genauso hier angekommen. Und ähm, ich ka–, ich denke, also die Normalität ist eigentlich die Änderung. Ja. So habe ich den Eindruck. Joa.
Kommentar
Reflexion
Wir sind unreflektiert an das Interview herangegangen und sind unberechtigterweise davon ausgegangen, dass die Lehrerin vorrangig negative Erfahrungen gemacht hat.
Schon zu Beginn des Interviews stellte sich jedoch heraus, dass unsere Interviewpartnerin alles sehr positiv wahrgenommen hat. In der Zukunft werden wir uns aufgeschlossener und reflektierter in vergleichbare Interviewsituationen begeben.