Mit dem Szintillator durch den Titantagebau

Bild 1: Mitarbeitende eines  Unternehmens in Südvietnam, das titanhaltige Sande abbaut, und deutsche Partner des vom Client-II-Projektes RENO-TITAN (2023 – 2026)  |  Bild: Le Hung Anh

Bild 2: Messung der Ortsdosisleistung bei der Gewinnung von schwerem Sand  |  Bild: Petra Schneider

Die südvietnamesische Provinz Binh Thuan ist nicht nur für ihre Drachenfruchtplantagen bekannt, sondern auch für riesige Dünenlandschaften aus weißem und rotem Sand. Diese beinhalten einen besonderen Rohstoff: schwere Sande, die titan- und zirkoniumhaltige Minerale beinhalten. Diese Mineralsande stehen im Fokus des vom BMBF-geförderten Forschungsprojektes RENO-TITAN. Mit der Hochschule Magdeburg-Stendal als koordinierendem Partner arbeiten deutsche Fachkräfte der Ingenieurgesellschaft G.E.O.S. und der IAF Radioökologie GmbH zusammen mit vietnamesischen Expertinnen und Experten der Industriellen Universität und des Instituts für Öffentliche Gesundheit in Ho-Chi-Minh-Stadt sowie dem Institut für Nukleare Wissenschaft und Technologie in Hanoi.

Der Grund, dass so viele Fachkräfte aus dem Bereich der Umweltradiologie zusammenarbeiten liegt darin, dass schweren Sande geogene Radioaktivität enthalten, z.B. das thoriumhaltige Begleitmineral Monazit. Die wissenschaftlichen Fragestellungen im Projekt sind in diesem Kontext: Sind die Rückstände beim Abbau der Schwersande radioaktiv belastet? Inwieweit können sie im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederverwendet werden und gleichzeitig den Druck auf dringend benötigte Primärrohstoffe wie Sand reduzieren? Wenn keine bedenkenlose Verwendung möglich ist, wie sieht dann eine sichere Entsorgung aus? Welche Fragen stellen sich für den Arbeitsschutz? Und etwas genereller: Wie gestaltet sich ein „verantwortungsvoller Bergbau“? Das sind auch für die Unternehmen, die Titantagebau betreiben, interessante Aspekte.In der zweiten Septemberhälfte 2023 fand die erste Bestandsaufnahme und Probennahme in Vietnam statt, ausgerüstet mit GPS-Gerät und Szintillator gingen die RENO-TITAN-Partner in einem Titantagebau für mehrere Stunden den Weg des Abbaus, der Aufkonzentrierung und der Aufreinigung der Schwersandminerale nach.

Mit Hilfe des Szintillators wurden Arbeitsplatzmessungen der Ortsdosisleistung durchgeführt, d.h. die Strahlendosis pro Zeiteinheit, die von außen auf den Menschen wirkt. Während im Titantagebau keine strahlenschutzrelevanten Messwerte ermittelt wurden, strahlen die aufkonzentrierten Minerale tatsächlich. Andererseits zeigen erste Messungen, dass der Sandrückstand und das zum Aufschlämmen verwendete Wasser offenbar nicht oder nur wenig belastet sind. Genaue radiologische Messungen sollen in den kommenden Wochen in fachspezifischen Laboratorien in Deutschland und Vietnam erfolgen. Die Ergebnisse sollen verglichen und gemeinsam Schlussfolgerungen gezogen werden. Kommendes Jahr ist geplant, eine vietnamesische Delegation zu den Kernfragen des RENO-TITAN-Projektes in Deutschland zu empfangen. Geplant sind unter anderem Versuche in einem Umweltradiologielabor, ein Erfahrungsaustausch zum Umgang mit Rückständen, die natürlich vorkommende radioaktive Materialien enthalten und ein Besuch eines auf Titandioxid-beruhenden Weißpigmentherstellers.

Im besten Falle bieten einige Bergbaurückstände im stetig wachsenden Vietnam eine geeignete Quelle als Ersatzbaustoff, insbesondere in der Städtebauentwicklung, die in Vietnam unter akuter Sandknappheit leidet. Das Projekt will helfen, den Weg dafür zu ebnen.

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